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Azzounis Arbeiten sind Hybride zweier vermeintlich entgegenstehender Medien: Der Künstler malt und zeichnet nicht mit pigmentbasierter Farbe auf einem passiven Untergrund, sondern mit Fotochemikalien auf lichtempfindlichem Papier. Dabei sind die Ergebnisse einzelner Arbeitsschritte nie direkt sichtbar, sondern müssen - wie in der Entwicklung analoger Fotografie - zunächst dem Licht ausgesetzt und fixiert werden. Der Künstler malt also häufig, ohne die direkten Auswirkungen seiner Gesten sehen zu können und begreift das Bild als eines, das den Zufall und die Intuition erlaubt.Im kunsthistorischen Diskurs werden die zwei Medien Malerei und Fotografie häufig irrtümlicherweise als Antagonistinnen verstanden. Die geläufige Annahme ist, dass die in ihrem Naturalismus nicht zu überbietende Fotografie die Malerei um ihre Aufgabe realistischer Bildproduktion gebracht und damit abgelöst hat. Die Malerei habe daraufhin andere Formen der Reproduktion von Wirklichkeit entwickelt und in Folge sogar den Status der Produktionsfähigkeit von emotionaler (unsichtbarer) Wirklichkeit erreicht. Diese dichotome Auslegung einer in Wahrheit weitaus komplexeren und immer schon wechselseitigen Geschichte hält sich bis heute. Vor allem die Vorstellung der unterschiedslosen Wiedergabe des fotografischen Apparats und der damit einhergehenden Abbildungstreue der Weit sind zentral im Verständnis von Fotografie. In der technischen Verschränkung beider Medien durch Azzouni wird der fotografische als auch malerische Anspruch sowohl bedient als auch relativiert. Diese Frage nach adäquater Repräsentation sowohl äufserer als auch innerer Zustände ist wesentlich für den inhalt seiner Gemälde. Die Motive fantasieren Tiere, die in ihrer anthropomorphen Uneindeutigkeit häufig nur schwer zu identifizieren sind. Der Künstler versteht die Mischwesen in Anlehnungen an Affen, Esel, Kamele und Hunde als negativ besetzte Metaphern. Dabei referiert er auf personenbezogene Tierbezeichnungen im Kontext personlich erfahrener Rassismen und Beleidigungen. Das Tier begegnet den Betrachtenden als bildsprachliches System von Aus- und Abgrenzung sowie stereotypischer Feindlichkeit aufgrund von Herkunft. Diese Deutungen der Tierwesen sind nicht festgeschrieben, sondern sozial konstruiert. Azzouni beansprucht die Motive und deutet sie gleichzeitig um. Er eignet sich die Mischwesen in fotografisch-malerischer Manier an, löst sie auf, verniedlicht sie oder stellt sie in absurden Situationen dar. Die diversen Abwandlungen der Gestalten, die den Betrachtenden auf den spiegelnden Flächen begegnen, nehmen dabei mal konkretere und mal abstraktere Formen an. Wie ungreifbare, veränderliche Körper werden sie auf dem Fotopapier zwar technisch fixiert, setzen sich durch die entstehende spiegelnde Oberfläche aber in der Umgebung fort und verbinden sich mit den Standpunkten der Betrachtenden. Down To Pet versammelt eine Reihe der in den letzten zwei Jahren entstandenen Arbeiten, die auf einfühlsame, persönlich expressive und humorvolle Weise versuchen, komplexe wechelseitige Dynamiken zu erfassen. So reflektiert er die Beziehung von Malerei und Fotografie, Künstler und Umwelt sowie Betrachtenden und dem vermeintlich Anderen.
(Text: Projet:Raum:Blank, Ausstellung Down To Pet, 25.10. - 16.11.2024, Organisation: Doris Weißenberger, Niklas Koschel, Ausstellungsarchitektur: Harald Schöllbauer (Basis 4), Gestaltung Folder: Julia Maria Ortner, Räumlichkeiten unentgeltlich zur Verfügung gestellt von Midstad, Fotos: Projekt:Raum:Blank)